Die Preisträger

Julia Ehninger, Förderpreis 2023 / 2024

Die Sängerin und Komponistin Julia Ehninger ist in Esslingen aufgewachsen und studierte an den Musikhochschulen Weimar und Stuttgart. An der Uni Köln promovierte sie im Fach Musikpädagogik. In ihrer noch jungen Laufbahn setzt sie sich mit Jazzstandards, elektronischer und experimenteller Musik auseinander. Im Herbst 2022 hat Julia Ehninger das Debütalbum mit ihrem Projekt HIMOYA bei Berthold Records veröffentlicht, das nach authentisch musikalischen Ausdruck mit Elementen aus Jazz und elektronischer Popmusik verbindet. Daneben beschäftigt sich die Künstlerin mit interdisziplinären Projekten, der Verbindung von Lesung mit Musik, in denen wissenschaftliche Erkenntnisse zu psychologischer Einsamkeitsforschung literarisch und musikalisch verarbeitet werden.

Julia Ehninger ist in zahlreichen Clubs und auf Festivals in Europa und den Vereinigten Staaten aufgetreten, u.a. in der Carnegie Hall in New York, dem Berliner Jazzclub A-Trane, bei den JazzOpen in Stuttgart, dem Kulturzentrum Dieselstraße und auf dem Podium Festival in Esslingen.

Foto: Tobias Fröhner

Friedrich Schirmer, Kulturpreis 2023

„Seine erste Theaterintendanz übernimmt Friedrich Schirmer (*1951 in Köln) Mitte der 1980er Jahre an der WLB. 2024 wird er hier in Esslingen als Intendant in den Ruhestand gehen. Und doch ist das alles andere als eine geradlinig entwickelte Karriere. Es beschreibt lediglich Anfang und Abschluss eines aufregenden Theaterlebens.

Dieses beginnt direkt nach der Schule mit Hospitanz und der Arbeit als Dramaturg. Der Weg führt Friedrich Schirmer über das Westfälische Landestheater, die Volksbühne Berlin, die Städtischen Bühnen Dortmund, schließlich als Intendant an die WLB in Esslingen bis 1989. Es folgt die Leitung des Stadttheaters Freiburg, darauf Direktion und Intendanz am Staatstheater Stuttgart, ab 2005 übernimmt er in dieser Rolle das Schauspielhaus Hamburg. Im Jahr 2014 kehrt er an die WLB nach Esslingen zurück. Eine äußerst erfolgreiche Wanderung durch die deutsche Theaterlandschaft.“

(So lautete der Text auf der Einladung zur Preisverleihung. Der Hamburger Dramaturg Michael Propfe hielt die allfällige Laudatio auf Friedrich Schirmer. Der ganze, lange Wortlaut dieser Rede – ebenso klug, wie heiter – findet sich hier)

Tim Hendel, Förderpreis 2023 / 2024

Tim Hendel ist nicht nur ein ausgezeichneter Zeichner, sondern in vielen Medien künstlerisch unterwegs. Für seinen Umgang innerhalb all dieser künstlerischen Mischtechniken aber gilt uneingeschränkt das Spielerische. Ein schneller Zugriff nach aufmerksamer Beobachtung ist die Basis für seine Arbeiten.

In seinen Objekten, Aktionen und Zeichnungen erfindet er nicht eine eigene Welt, sondern schaut den Eigenschaften aller möglichen Dinge und Vorgänge des Alltäglichen ihr jeweils Besonderes ab. Oft ist es nur eine kleine Verschiebung in deren Anwendung, Neubestimmung von Funktion. Er nimmt Dinge wörtlich und transportiert dabei einen Gegensinn. Das ist meistens heiter, manchmal lustig, manchmal skurril, immer aber das Wesen der Dinge ausdeutend. Durch gestalterisches Geschick ist er in der Lage seinen spielerischen, naiven Blick künstlerisch umzusetzen. Darüber stellt er Funktionszusammenhänge, das Rationale, das Kanonisierte, das Rituelle in Frage. Ein unendlicher Spaß, der so wahr aber auch so ernst scheint, wie einst bei Karl Valentin. Er lebt in Esslingen, lehrt heute in ES-Zell Kunst, dort, wo sein Mentor Helmut Stromsky auch schon Lehrer war.

Sabine Bartsch, Kulturpreis 2022

„Sabine Bartsch wurde 1959 in Oldenburg geboren, wo sie eine unbeschwerte Kindheit mit ihrer Freundin Pippi Langstrumpf verbrachte, …“ so beginnt ihr Steckbrief auf der Website der Plattform LITERATURPORT. Nach dem Studium wies sie ihre berufliche Laufbahn mit den folgenden Bezeichnungen aus: Theaterpädagogin, Kulturmanagerin, Festivalorganisatorin und Autorin. Von 1996 bis 2021 leitete Sabine Bartsch als Geschäftsführerin die Geschicke des Kulturzentrums Dieselstraße. Sie baute diesen Ort für Jazz-, Folk-, Rock- und Kabarettprogramme aus und entwickelte ihn zu einer kompetenten Adresse für politische, soziale und ökologische Belange. Ihr Engagement aber reichte weiter. Sabine Bartsch war lange Jahre im Netzwerk Kultur aktiv. Als dessen Sprecherin kämpfte sie unermüdlich für die Wertschätzung von Kunst und Kultur in Esslingen. Auch in der Kulturpolitik hatte ihr Wort großes Gewicht. Als Vorsitzende im Sprecherrat der Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und Soziokulturellen Zentren in Baden-Württemberg e.V. engagierte sie sich für die Soziokultur im Land. Neben ihrem Beruf verfolgte sie mit Eifer ihre Leidenschaft für das Schreiben und hat sich als Autorin mehrerer Jugendbücher einen Namen gemacht. Durch ihren unerwarteten, frühen Tod am 20. Mai 2022 konnte ihre kulturelle Leistung nur postum ausgezeichnet werden.

Steven Walter, Kulturpreis, 2022

Geboren 1986 in Nürtingen, beginnt Steven Walter schon als Kind mit dem Cellospiel. Seine musikalische Vorbildung erfährt er in der Klasse bei Ekkehard Hessenbruch, bevor er an den Hochschulen in Oslo und Detmold eine cellistische Konzertausbildung absolviert.

Seine Hingabe an die Musik beschränkt sich nicht auf das Musizieren allein, sein Interesse gilt immer auch schon den Rahmenbedingungen der Aufführungspraxis. Bereits mit 16 Jahren organisiert er Veranstaltungen mit Neuer Musik. 2010 ist dann Podium wie ein Ufo in Esslingen gelandet. Steven Walter und Mingh Schumacher suchten und fanden in Esslingen den Ort und die finanzielle Unterstützung für ein Festival klassischer Musik, das den Kanon üblicher Veranstaltungen unterlief. Die exzellenten Musiker/innen – jung, international –, die Spielorte alternativ bis ungewöhnlich. Alles frisch und unorthodox, mit Erlebnischarakter und dem Potential, auch ein junges Publikum zu begeistern. In 12 aufeinanderfolgenden Festivals hat sich Podium Esslingen zu einem kulturellen Leuchtturmprojekt entwickelt mit bundesweiter und mittlerweile internationaler Ausstrahlung. Steven Walter steht als Intendant stellvertretend für diese Erfolgsgeschichte, an der viele andere mitgewirkt haben und nach wie vor wirken. Seine Ernennung zum Intendanten des Beethoven Festivals ist insofern keine glückliche Fügung, sondern logische Folge.

(mit Auszügen aus der Laudatio von Jürgen Zieger)

Karl Otto Völter, Kulturpreis 2018

Aus Saulgau kommend übernahm Karl Otto Völter zu Beginn der 1970er Jahre die Leitung der Kreissparkasse Esslingen und mit ihm nimmt, die zu der Zeit, beispiellose Kunstsammlung der Bank ihren Anfang. Ab 1976 wird unter seiner Ägide der Kunstpreis der Stiftung Kreissparkasse EsslingenNürtingen vergeben (heute bezeichnet als Südwestdeutscher Kunstpreis), der zu den ältesten und renommiertesten Sparkassen-Kunstpreisen in Deutschland gehört. Die ersten, nachklingenden Begegnungen mit der zeitgenössischen Kunst und vor allem den Künstler/innen ergeben sich noch in der Zeit in Saulgau in der Galerie Fähre. „Nach den Ausstellungseröffnungen ging es in die Post. Dort saß man zusammen und lernte die Künstler persönlich kennen“, erzählte Karl Otto Völter, was ein nicht unwesentliches Movens für sein lebenslanges Eintreten für Kunst und Künstler beschreibt. Nach dem Rückzug aus dem operativen Geschäft blieb er noch viele Jahre der Bank als Kurator erhalten. Im Sommer 2018 verabschiedete er sich aus diesem Amt mit einer Schau seiner Lieblingsstücke. Die mit dem Kulturpreis verbundene Preissumme hat Karl Otto Völter gespendet. Er wurde 1933 in Ludwigsburg geboren. Der Jurist, Bankdirektor und Kunstliebhaber ist 2021 in Esslingen verstorben.

Helmut Stromsky, Kulturpreis 2015

Geboren 1941 in Sandhübel, im heutigen Tschechien, studierte Helmut Stromsky an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und wurde dort u.a. zum letzten akademischen Kunstgießer ausgebildet. Sein Haus in Esslingen, am Ortsausgang Richtung Altbach, hat er selbst entworfen und wurde dafür mit dem renommierten Hugo Häring-Preis für Architektur ausgezeichnet. Fast alle Gebäudeelemente – von Gartentor bis Briefkasten, von Wendeltreppe bis Haustechnik – sind raffinierte (Er-)findungen, handwerklich hochwertig und mit höchster Präzision ausgeführt. Hier treffen sich Künstler und Bauherr, denn das Werk des Bildhauers, Zeichners und Fotografen ist über Jahrzehnte nachhaltig durch die Auseinandersetzung mit der Architektur, oder anders formuliert, ist es die Analyse der Raum definierenden Elemente Wand, Boden und Decke bzw. Horizontale / Vertikale / Diagonale.

Alle Aspekte des Werkes von Helmut Stromsky eint die theoretische Fundierung mit einem hohen ästhetischen Anspruch. Die Traditionen von (vor allem) Werkbund, der Hochschule für Gestaltung in Ulm und dem Bauhaus wirken in all seinen Tätigkeiten nach und finden in den verschiedenen künstlerischen Medien ihre hochrangige Entsprechung. Die Eigenschaft der Dinge als ihr Wesenhaftes sichtbar zu machen konnte keiner so gut wie er. In diesem Sinn ist er für den Betrachter immer ein Seh-Lehrer, aber für viele Künstler war er auch ein richtiger Lehrer. In seiner Eigenschaft als Kunsterzieher genießt er hohes Ansehen. Helmut Stromsky ist 2019 in Esslingen verstorben.

Foto: René Müller

Eberhard Strobel, Kulturpreis 2012

Ebber wie Eberhard Strobel im vertrauten Kreis auch genannt wird, ist in Esslingen geboren, studierte Architektur und hat sich als mitreißender Musiker in die Kulturhistorie der Stadt eingeschrieben.

„Wenngleich Eberhard Strobls Ruf längst weit über die Region hinausgedrungen, er in Hörfunk und Fernsehsendungen aufgetreten ist, unter anderem in den Talk-Shows mit Alfred Biolek und in Wieland Backes Nachtcafé, war und ist, neben Stuttgart, vor allem Esslingen die eigentliche Domäne seiner Erfolge als Musiker und (Mit)Begründer zahlreicher Jazzveranstaltungen und –konzerte. Und wenn jemand den Erfolgsstempel Jazzstadt Esslingen mitgeprägt hat, dann in erster Linie er.

So begeisternd und begeistert der Vollblutmusiker Eberhard Strobel als stets gut gelaunter und überbordende Laune verbreitender Solist auftritt – ein Stuttgarter Jazzkritiker schreib einmal, Strobel am Piano erzeuge augenblicklich strahlende, glückliche und zufriedene Gesichter – so überzeugend ist seine Rolle als musizierender Partner. Bestes Beispiel hierfür ist das von ihm vor vielen Jahren gegründete Quintetto Infernale mit dem Geiger Martin Schnabel, dem Schlagzeuger Thomas Wahl, mit Eberhard Teising am Teekistenbass, dem Gitarristen Tilman Strobel, seinem Sohn, und nicht zuletzt: Eberhard Strobel am Piano. Wo immer es spielte und spielt, trifft das Quintetto den Nerv der Zuhörer und erobert mit seinem unnachahmlichen Mix aus zündendem Oldtime, Blues, Mainstream und Jazz-Rock deren Herzen im musikalischen Sturm.“

(Auszug aus der Laudatio von Friedhelm Röttger: Tänzer auf den Tasten

In: Stiftung Esslinger Kulturpreis, Bechtle Verlag 2015)

Foto: xxx

Rolf Hempel, Kulturpreis 2008

„Stellen wir uns vor, einer wäre gleichzeitig Professor für Komposition, Rektor einer der renommiertesten Musikhochschulen Deutschlands – und Dirigent eines schwäbischen Liederkranzes. Geht das? Es ist eine Berührung von Extremen, bestätigt Rolf Hempel, und der muss es wissen, denn er ist tatsächlich alles in einer Person.“ So stellte Martin Mezger in einem Beitrag der Esslinger Zeitung den Organisten, den Orgelsachverständigen und den Komponisten in seinen multiplen beruflichen Engagements vor. Geboren 1932 im vogtländischen Reichenbach studierte Rolf Hempel in Berlin Musiktheorie und Komposition und kam über persönliche Kontakte nach Esslingen, wo er seinen ersten Lehrauftrag an der Kirchenmusikschule Esslingen erhielt. Ab dieser Zeit prägte er das Musikleben der Stadt auf unterschiedlichste Weise wesentlich mit. Er fungierte als Chorleiter des Esslinger Liederkranzes und war an der Gründung des Fördervereins der Musikschule Esslingen beteiligt. Die Studiokonzerte, aus denen sich das alle zwei Jahre stattfindende Festival ton––art entwickelt hat, wurde von ihm mitbegründet und ebenso geht die Konzertreihe im Münster St. Paul Musik der Zeiten auf seine Anregung zurück. Rolf Hempel ist 2016 in Esslingen gestorben.

(unter teilweiser Verwendung der Einführung von Friedhelm Röttger

In: Stiftung Esslinger Kulturpreis, Bechtle Verlag 2015)

Ernst Waldemar Bauer, Kulturpreis 2006

Ernst Waldemar Bauer wurde 1926 in Tübingen geboren, wo er nach Ende des Krieges Naturwissenschaften mit den Schwerpunkten Biologie und Geologie studierte. In diesen Fächern verfasste er in den 1950er Jahren erste Lehrbücher für alle Schultypen und betätigte sich auch als Lehrer, insbesondere am Georgii-Gymnasium in Esslingen. In den 1960er Jahren war er Autor und Herausgeber der Zeitschrift Die Natur. Von 1964 bis 1988 war er Direktor des Staatlichen Seminars für Schulpädagogik in Esslingen. Seine Bücher Das große Buch der Schwäbischen Alb und Unser Land Baden-Württemberg gerieten zu Bestsellern. Seine Bücher über Höhlen wurden im Schreiber Verlag und im Bechtle Verlag in Esslingen verlegt. Einem größeren Publikum wurde Ernst Waldemar Bauer durch das Fernsehen bekannt. Zunächst für den Hessischen Rundfunk, für den er die Sendung Wunder der Erde konzipierte und moderierte. Nach dem Tod von Bernhard Grzimek im Jahr 1987 übernahm er dessen Sendung Ein Platz für Tiere im 1. Fernsehprogramm der ARD. Er hat seine naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ganzen Generationen anschaulich und eindringlich in Wort, Bild und Schrift vermittelt. 2015 ist Ernst Waldemar Bauer in Ostfildern gestorben.

(unter teilweiser Verwendung der Einführung von Friedhelm Röttger

In: Stiftung Esslinger Kulturpreis, Bechtle Verlag 2015)

Christel Köhle-Hezinger, Kulturpreis 2003

Mit dieser Preisvergabe begibt sich der Kulturpreis in die Sphäre der Kulturwissenschaft und zeichnet – so noch der Stand 2021 (sic!) – die bisher einzige Frau aus. Christel Köhle-Hezinger wurde 1945 in Esslingen geboren und studierte Volkskunde, Amerikanistik, Germanistik und Landesgeschichte in Tübingen, Bonn und Zürich. Paul Münch fragte in seiner Laudatio: „Was ehren wir heute? Welche besonderen Verdienste rechtfertigen die Verleihung des Esslinger Kulturpreises an Christel Köhle-Hezinger? Die Antwort fällt leicht: Wir zeichnen ein höchst respektables, reichhaltiges und vielgestaltiges wissenschaftliches Oeuvre aus, das im Lauf vieler Jahre entstanden und vielfach mit Esslingen verbunden ist. Es lässt sich mit wenigen Worten kaum angemessen charakterisieren und ist noch keineswegs am Ende angelangt.“ Der Preis wurde Christel Köhle-Hezinger im Juni 2003 im Freilichtmuseum Beuren überreicht, und das hätte passender und stimmiger nicht sein können, denn ihrer Museumskonzeption verdankt der Landkreis Esslingen einen profunden Einblick in die Kultur- und Baugeschichte der Neckar-Alb Region.

(unter teilweiser Verwendung der Einführung von Friedhelm Röttger

In: Stiftung Esslinger Kulturpreis, Bechtle Verlag 2015)

Foto: Roberto Bulgrin

Hans Gottfried von Stockhausen, Kulturpreis 2000

Hans Gottfried von Stockhausen ist 1920 auf der Trendelburg in Hessen geboren. Er studierte von 1947 bis 52 bei Rudolf Yelin an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart Glasmalerei und Mosaik. 1968 wird er Leiter einer Klasse für allgemeine künstlerische Ausbildung, ab 1971 übernimmt in der Nachfolge seines Lehrers dessen Lehrstuhl. Neben seinen Zeichnungen, Pastellen und der Druckgrafik kommt in seinem Oeuvre der Glasmalerei die zentrale Rolle zu, ein Medium das wie kaum ein anderes für den öffentlichen Gebrauch bestimmt ist. Er widmet sich intensiv der architekturgebundenen Glasmalerei und wird mit Aufträgen vor allem aus dem kirchlichen Bereich betraut. Sein Wirken an der Akademie ist daher fest mit dem Begriff Stuttgarter Glas verbunden, das für viele künstlerische Temperamente steht, die sich in Glas artikulieren lassen. In weit über 100 Kirchen erweckt er in seinen Glasbildern religiöse, mythische Erzählungen, die gleichermaßen mit persönlicher Erfahrung, von Ahnung und Einsicht gesättigt sind. In Esslingen kann man von ihm u.a das Fenster über dem Südportal der Stadtkirche St. Dionys sehen und in der Frauenkirche den monumentalen Passionszyklus sowie das sogenannte Frauenfenster. 2010 ist Hans Gottfried von Stockhausen in Remshalden-Buoch gestorben.

(unter teilweiser Verwendung einer Laudatio von Peter Schmitt Teppich aus Licht und Farbe

In: Stiftung Esslinger Kulturpreis, Bechtle Verlag 2015)

Heribert Glatzel, gen. Friedland, Kulturpreis 1998

Das Werk Heribert Glatzels, der 1927 in Friedland, Schlesien, geboren wurde, ist unter seinem Künstlernamen Friedland bekannt. Seine Meisterschaft der kleinen Form, des Aquarells, hat ihm weit über die Stadt hinaus Anerkennung verschafft. Darüber hinaus hat er in Esslingen und der Region zahlreiche großformatige Glasfensterarbeiten, Reliefs und Skulpturen für Institutionen und den öffentlichen Raum geschaffen. Wer auch nur aus der Distanz den Umfang des in vier Jahrzehnten gewachsenen Werkes ins Auge fasst, dem tun sich zwei scheinbar diametral einander entgegengesetzte Merkmale auf: das miniaturhafte, intime Format seiner Arbeiten, die von einer nachgerade mönchischen Zurückgezogenheit und Konzentration der bildnerischen Phantasie zeugen, auf der einen Seite. Auf der anderen das immer kompetente, entschlossene, wortgewandte Auftreten des Künstlers und wahrhaft ‚kulturschaffenden’ Menschen im öffentlichen Diskurs. Er erschloss Mitte der 1970er Jahre als erster systematisch die Sammlung grafischer Kunst der Stadt und erstellte ein erstes Werkverzeichnis. Für den Esslinger Kunstverein richtete er die ersten Ausstellungen ab 1976 ein. Aus der überhaupt ersten Retrospektive für den Esslinger Maler Volker Böhringer vermittelte er aus dem Nachlass dessen Werke so erfolgreich an Sammler und Galeristen, was der Witwe eine gewisse finanzielle Sicherheit bot. Heribert Glatzel war gleichzeitig Künstler und Impresario der bildenden Kunst in Esslingen. Er ist 2015 in Esslingen gestorben.

(Auszug aus der Laudatio von Renate Wiehager/Peter Kastner: Licht ist mehr als Helligkeit

In: Stiftung Esslinger Kulturpreis, Bechtle Verlag 2015)

Friedhelm Röttger, Kulturpreis 1997

Geboren 1941 in Süßen studierte er an der Kunstakademie Stuttgart mit Schwerpunkt Zeichnung, Radierung und Kunstgeschichte. Seine enge Freundschaft zu dem Dichter und Übersetzer Josef Mühlberger, der aus seiner böhmischen Heimat nach Eislingen vertrieben wurde, förderte maßgeblich sein Interesse für die Literatur. Nach einem Volontariat bei der NWZ, Neue Württembergische Zeitung, in Göppingen beginnt er seine Tätigkeit für die Esslinger Zeitung. Im Jahr 1970 übernimmt er dort das Kulturressort, das er zu einem der besten Feuilletons in der schwäbischen Zeitungslandschaft entwickelt.

„Das Wichtigste aber, was Friedhelm Röttger auszeichnet, ist eine Freude am Dialog, eine Liebe und ein Talent zum richtigen Wort, das die Brücke schlägt zwischen den Dingen und den Menschen. Friedhelm Röttger hat dazuhin Stil. Im Leben wie im Schreiben. Le style, c’est l’homme, wie die Romanen wissen. Die größte Auszeichnung, die Frankreich einem solchen Menschen zu vergeben hat, ist der Titel homme de lettre, wozu es eine Steigerung gibt, die noch seltener ist, die ich aber dem Träger des Esslinger Kulturpreises sozusagen ans Portepee seiner Feder heften möchte: er ist ein Mensch, der in der Sprache, in der Bildung der Seele und des Kopfes die Wurzeln seiner Existenz sieht. Das Feuilleton der Esslinger Zeitung, das Friedhelm Röttger prägt, ist einer der drei Gründe, diese Zeitung zu lesen.“

(Auszug aus der Laudatio von Otto Rothfuss: Gelebte Italianità

In: Stiftung Esslinger Kulturpreis, Bechtle Verlag 2015)

Filmstills: Simone Westerwinter

Wolfgang Klein, Kulturpreis 1994

Geboren 1931 in Esslingen studierte er an der Kunstakademie Stuttgart bei dem ebenfalls aus Esslingen stammenden Bildhauer Otto Baum. Von dessen biomorphen Vorbildern hat Wolfgang Klein sich zunehmend freigemacht und eine zeitgemäße, abstrakte Materialästhetik entwickelt, die in enger Beziehung zur Architektur steht. So nehmen in seinem Werk die autonomen Plastiken ebenso viel Raum ein, wie die Arbeiten am und im Bau. Zu sehen ist das in Esslingen am Beispiel des Zwiebelbrunnens (Im Heppächer), der Freiplastik vor und der Wandgestaltung in der Lerchenäcker Schule, dem Stahl-Wandobjekt am Wintergarten der Villa Merkel sowie der Säule und dem Relief im großen Sitzungsaal des Landratsamtes. Der radikale Betonbrunnen vor dem früheren Haupteingang der Hochschule an der Ecke Obertor- und Mühlstraße ist leider seit vielen Jahren Ruine. Die künstliche, beinahe futuristische Landschaftsparaphrase schaffte es mühelos, solange sie intakt war, von der fragwürdig tiefergelegten Eingangssituation abzulenken. Auch Wolfgang Kleins Konstellationsplastiken orientieren sich am modernen Bauen. Auf der Basis eines Grundmoduls (Normteil) entstehen ab Mitte der 1960er Jahre ganze Serien an reliefartigen Verläufen, die ein starkes abstraktes Formprinzip behaupten. Daneben aber bleibt es bei den „Ausflügen in eine gegenständlich poetische Bilderwelt“ (Anne Dore Ketelsen-Volkhardt). Und auch die kleinsten Plastiken gehen aus seiner Bildhauerwerkstatt hervor: 1964 der Europa Foto Preis und 2001 die für diesen Kontext bedeutende Renate Unkrodt Medaille.

Hans Georg Bertram, Kulturpreis 1992

Jeden Samstag um 19:30 Uhr spielt geistliche Abendmusik in liturgischer Form in der Esslinger Stadtkirche St. Dionys es ist die: Stunde der Kirchenmusik. Es gibt sie seit 1964 und sie ist maßgeblich, dem Organisten und Komponisten Hans Georg Bertram zu verdanken. Er wurde 1936 in Gießen geboren und studierte Orgel und evangelische Kirchenmusik an der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart. 1963 promoviert er in Musikwissenschaftler an der Universität Würzburg und wird Kantor in der Petruskirche in seiner Geburtsstadt. 1978 wird er als Dozent für Orgelliteraturspiel, Orgelimprovisation und Musikgeschichte an die Hochschule für Kirchenmusik in Esslingen am Neckar berufen. Seit 1988 bis zu seiner Emeritierung 1997 als Professor. Über zwanzig Jahre ist er der Organist an der Stadtkirche. Hans Georg Bertram war als Musiker und Lehrer das Gegenteil eines Dogmatikers. „Den Funken der Musik schlägt er nicht aus allem, aber aus vielfältig Vielem: aus Bildern der Malerin Susannen Pertiet (…) aus Texten von Paul Celan, Nelly Sachs bis Walter Jens: und eben aus der musikalischen Tradition von Vivaldi bis zur Moderne. (…) Aber ebenso verschmähte er Kinderchor-Stücke und Laienmusik nicht. Der Mann ist ein Phänomen.“ Hans Georg Bertram ist 2013 in Berlin gestorben.

(Zitat: Martin Mezger aus einem Beitrag der Esslinger Zeitung vom 13. Oktober 2001)

Alexander Tolnay, Kulturpreis 1989

Er ist eine zentrale Figur, die Stiftung Esslinger Kulturpreis betreffend, denn er wurde als erster damit ausgezeichnet, noch von der Stifterin persönlich. Zusammen mit Dieter Deuschle gehörte er bis 2021 dem Vorstand der Stiftung an, hat also deren Geschicke wesentlich mit beeinflusst. Alexander Tolnay ist ein Weltbürger. 1944 in Ungarn geboren, ist er als 20-jähriger nach Australien ausgewandert. Daher besitzt er sowohl einen ungarischen wie australischen Pass, darüber hinaus ist er naturalisierter Deutscher. Nach Promotion und Heirat verschlägt es ihn nach Göppingen, wo er maßgeblich an der Gründung der dortigen Kunsthalle beteiligt ist. Die Leitung der Städtischen Galerie in Esslingen übernimmt er 1983, nachdem er vorher schon regelmäßig Ausstellungen in den Foyers der WLB organisiert hat. Zusammen mit Manfred Schmalriede gründet er die damals erste und einzige Foto-Triennale, die über viele Jahre ein erfolgreiches Ausstellungsformat der Villa Merkel bleiben sollte. Nach 1991 agiert er als stellvertretender Leiter des Instituts für Auslandsbeziehungen IFA in Stuttgart und in der Folge leitete er den neuen Berliner Kunstverein NBK bis zu seiner Pensionierung 2008. Dort wo er angestellt war ist Alexander Tolnay immer engagiert und rastlos für die zeitgenössische Kunst eingetreten – von seinen Ausstellungen als freier Kurator ganz zu schweigen.